Der Sperlingskauz (Glaucidium passerinum) ist die kleinste Eulenart Europas - und auch eine der kleinsten Eulenarten der Welt. Die in den englischen Trivialnamen für die Arten der Gattung Glaucidium enthaltene Bezeichnung "Pygmy Owl" bringt diesen Umstand auf den Punkt.
Mit einer Größe von 16-17cm (Männchen) bzw. 18-19cm (Weibchen), einer Flügelspannweite von ca. 35cm (Männchen) bzw. 38cm (Weibchen) und einem Gewicht von 54-65g (Männchen) bzw. 63-103g (Weibchen) besitzt der Kauz die Größe von einem Star (Sturnus vulgaris). Die maximale Lebenserwartung in Freiheit liegt bei 4-6 Jahren, in Gefangenschaft bei sieben Jahren.
Das Flugbild des Sperlingskauzes erinnert durch die abgerundeten Flügel und das abgerundete Steuer plus den wellenartigen Flug sowohl an einen Wendehals (Jynx torquilla), als auch durch die langen Gleitphasen nach vielen und schnellen, aufeinanderfolgenden Flügelschlägen an einen Star.
Ein sitzender Sperlingskauz erinnert etwas an einen "plumpen, aufgeplusterten Sperling".
Der "halslose" Kopf ist klein und flach geformt, und kann bis fast 270 Grad in beide Richtungen gedreht werden - je nach Stimmung kann der Kopf entweder flach und rund oder flach und kantig (aufgeplustert) mit deutlichen "Augenbrauen" wirken. Das "Occipitalgesicht" (also das "Scheingesicht" am Hinterkopf des Sperlingskauzes zur Feindabwehr und Einschüchterung) ist deutlich erkennbar. Die Form der Restlicht-verstärkenden Augen wirkt groß und rund, die Iris ist leuchtend gelb. Glaucidium passerinum besitzt vier Zehen an den glatt befiederten Beinen, von denen die vierte Zehe als "Wendezehe" ausgebildet ist - sie lässt sich bei Bedarf einfach nach hinten drehen. Die Krallen sind schwarz und glatt - im Gegensatz zur Schleiereule (Tyto alba), deren Krallen auf der Innenseite sägeartig gezahnt sind. Die Ohröffnungen befinden sich nahezu unsichtbar seitlich des Kopfes - Sperlingskäuze können auch noch das leiseste Rascheln im Gras oder Laub aus relativ großer Entfernung wahrnehmen. Der Schnabel wirkt sehr kurz und flach, jedoch besitzt Glaucidium passerinum einen sehr breiten Rachen - ebenso wie alle anderen Eulen und auch Nachtschwalben/Schwalme wie der Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus).
Der Kopf des Sperlingskauzes ist schokoladenbraun mit kleinen, weißlich-gelben Punkten - eine deutliche, helle "Brille" umgibt die Augen. Der Rücken ist ebenso schokoladenfarben, jedoch sind im Rückengefieder viele kleinere, gelbliche Querbänder zu sehen. Brust und Bauch sind weißlich mit kleinen, dunkelbraunen Längsstricheln - die Flanken sind weißbraungelb gebändert.
Charakteristisch (und für europäische Eulen einzigartig) ist für den Sperlingskauz das Schwanzstelzen und - auffächern - lediglich bei der Sperbereule (Surnia ulula) kann man es im europäischen Raum noch beobachten.
Bei Sperlingskäuzen sind neben geraden, zielstrebigen Beuteanflügen auf Kleinsäuger am Tage und kurvenartigen Anflügen in der Dämmerung auch halsbrecherische Verfolgungsjagden von Vögeln durch das Dickicht (ähnlich dem Sperber (Accipiter nisus)) und lange Gleitflüge in Vogelschwärme hinein bekannt. Allen Flugbildern ist jedoch eines gemein - der lautlose Flug, der durch das weiche Gefieder und die kammartigen Strukturen an den äußeren Handschwingen gewährleistet wird.
Manche Stimmäußerungen (Reviergesänge) sind beim Sperlingskauz recht unspektakulär, und können eventuell mit dem Gimpel (Pyrrhula pyrrhula) verwechselt werden. Die Revierrufe des Männchens bestehen aus weichen und rhythmischen, monotonen Pfeiftönen. Diese werden von erhöhten Sitzwarten aus vorgetragen, so dass sie im Normalfall bis zu 500m weit hörbar sind - seltener bis zu 1000m. Das Weibchen hingegen äußert als Reviergesang ein unrhythmisches Gackern.
In der Balzzeit zeigt das Männchen ein melodisches Trillern ("djü-djü-djü-djü-djüdjü"), während das Weibchen etwas anders singt ("dü-do-do-dü-dü") - während der Herbstbalz in ansteigenden Tonlagen.
Als Alarmrufe zeigen beide Geschlechter "bio"-Rufe, bei realer Gefahr dann deutlich schneller als Serie.
Glaucidium passerinum besiedelt unterschiedliche Habitate. In den Hochgebirgen besiedelt er die borealen Nadelwaldgürtel bis zu den Baumgrenzen. In den Mittelgebirgen jedoch findet man ihn auch deutlich niedriger - in der Regel oberhalb von 500-600m üNN, des öfteren auch erst ab 700-800m üNN. Hier besiedelt er Fichtenwälder sowie Mischwälder mit hohem Nadelholzanteil. Im starken Gegensatz dazu besiedelt er in Niedersachsen die Lüneburger Heide als "Flachlandart" - auch hier werden reine Nadelwälder und Mischwälder mit hohem Nadelholzanteil besiedelt.
Allen Habitaten ist gemein, dass sie eine hohe Anzahl an Spechthöhlen - in Europa vom Buntspecht (Dendroscopos major), Mittelspecht (D. medius)), Kleinspecht (D. minor), Weißrückenspecht (D. leucotos)), Blutspecht (D. syriacus) und vom Dreizehenspecht (Picoides tridactylus) - aufweisen müssen. Auch großräumige Lichtungen und Windwurfflächen müssen vorhanden sein; die besiedelten Waldgebiete müssen dementsprechend schon ein recht hohes Alter besitzen. Nistkästen werden vom Sperlingskauz i.d.R nur angenommen, wenn diese über eine Vorderwand mit natürlicher Rinde besitzen. Die aus gefällten Höhlenbäumen herausgetrennten Buntspechthöhlen sind jedoch als Nisthilfen besonders in höhlenarmen Bergnadelwäldern durchaus hilfreich und werden nicht selten vom Sperlingskauz zum Brüten genutzt. Die durchschnittlichen Höhlenmaße betragen für das Flugloch D=45mm, Höhe im Baum zwischen 2 und 6m und Höhlentiefe 20,5cm.
Der Hauptgrund für die Ansiedlung in den hohen Gebirgslagen findet sich in einem Ausweichen vor natürlichen Feinden begründet - namentlich Waldkauz (Strix aluco), Habichtskauz (Strix uralensis), Bartkauz (Strix nebulosa), Sperbereule (Surnia ulula), Habicht (Accipiter gentilis) und Sperber (Accipiter nisus).
Die Nahrung von Sperlingskäuzen setzt sich je nach Jahreszeit unterschiedlich zusammen. Generell werden Kleinsäuger wie Spitz- und Wühlmäuse sowie Vögel bis Buntspechtgröße erbeutet - in der Brutzeit werden bis zu 75% Kleinsäuger erbeutet, außerhalb der Brutzeit (vor allem im Winter) bis zu 50% Vögel. Die Beute wird entweder via Ansitzjagd mit teils aggressiven Anflügen erbeutet, oder aber auch in wilden, halsbrecherischen Verfolgungsjagden wenn es um zu erbeutende Vögel geht - ähnlich einem Sperber. Innerhalb der Frühjahrs- und frühen Sommermonate werden auch regelmäßig Vogelnester geplündert - ganz nach Uhu- (Bubo bubo) und Waldkauzmanier (Strix aluco).
Die Hauptaktivitätszeiten liegen bei Sperlingskäuzen in der späten Morgen- und frühen Abenddämmerung sowie am Tage.
Neben den Bruthöhlen besitzt der Sperlingskauz recht zahlreiche Beuteverstecke in Form von Spechthöhlen und Nistkästen für Kleinvögel. So kann man u.U. in einem Nistkasten unerwartet auf gelagerte Beutetiere treffen, vor allem im Winter.
Die geringe Größe des Sperlingskauzes gewährleistet eine recht gute Überlebenschance der Vögel in winterlichen Borealwäldern, da Kleinsäuger hier im Winter als Nahrung kaum zur Verfügung stehen - so kommt der Sperlingskauz auch mit den überwinternden Kleinvögeln als Nahrung zurecht (vor allem Goldhähnchen und Meisen sowie Kleiber).
Trotz seiner geringen Körpergröße besitzt der Sperlingskauz eine äußerst starke, innerartliche Aggressivität. Gegner werden in ausdrucksstarken Revierkämpfen vertrieben - selbst innerhalb eines Brutpaares sind die kleinen Eulen kontaktscheu, und bei Partnerkämpfen verliert stets das kleinere Männchen. Männchen und Weibchen besitzen trotz Paarbildung getrennte Schlafplätze.
Aber auch gegen andere Eindringlinge zeigt sich der Sperlingskauz z.T. sehr aggressiv. Störenfriede an den Bruthöhlen werden lautstark und mit energischen Attacken vehement vertrieben. Gegenüber Fressfeinden verfallen die kleinen Käuze in eine nahezu akinetische Starre, die durch das hervorragende Tarngefieder noch sehr unterstützt wird. Zur Verteidigung der Ästlinge greifen Weibchen neben Drosseln sogar Krähen und deren Verwandte an.
Die Geschlechtsreife wird bei Sperlingskäuzen schon nach 4-5 Monaten erreicht. Nach der Reviergründenden Herbstbalz (September und Oktober) findet die Hauptbalz von Ende Februar bis Anfang April statt. Für den Sperlingskauz werden saisonbedingte (und wohl auch gelegentliche Dauer-) Ehen angenommen. Beide Balzen finden zum größten Teil bei Tageslicht statt, die Frühjahrsbalz in direkter Umgebung zur Nisthöhle. Die Bruthöhle wird vom Weibchen von altem Nistmaterial befreit, zum Teil auch noch mit dem Schnabel ausgearbeitet. Anschließend wird die Höhle mit einer 1cm dicken Schicht aus Federn und Haaren der Beutetiere ausgestattet, um eine dauerhafte Isolierung zu gewährleisten. Das Gelege kann 60-80% des Eigengewichts des Weibchens betragen. Das allein brütende Weibchen legt zwischen Anfang April und Anfang Mai mit einem Abstand von jeweils zwei Tagen 4-9 weiße Eier in die Nisthöhle, die erst mit der Ablage des letzten Eis bebrütet werden - so schlüpfen alle Küken nahezu synchron. Das Männchen verteidigt das Revier und bringt für das brütende bzw. hudernde Weibchen die Nahrung. Ca. 3-5 Tage nach dem Schlupf der Küken fängt das Weibchen an, Kot-, Nahrungs- und Eireste aus dem Nest zu werfen, die sich dann unten am Fuße des Brutbaumes sammeln - daran ist dann auch ein besetztes Revier zu erkennen! Diese Höhlensäuberung dient der Hygiene und dem Erhalt der Höhlentiefe gegen "angelnde" Marder-, Katzen- und Waschbärenpfoten. Die Bruthöhle wird von den Küken ("Nestlinge") nach ca. einem Monat (28-32 Tage) verlassen - nach dem Verlassen der Höhle werden die Nestlinge zu "Ästlingen". Sie werden noch 1-2 Wochen vom Weibchen mit zerkleinerten Beutetierstücken gefüttert, danach zieht sich das Weibchen zu einer Vollmauser zurück - nun kümmert sich der Vater um die Jungen, teils noch weitere sechs Wochen - während dieser Zeit durchstreifen die Familienverbände teils riesige Waldgebiete. Frühestens nach zwei Monaten sind die Jungen in der Lage, selbstständig Beute zu erlegen und entweder zu zerkleinern oder vollständig zu fressen - meist jedoch noch später.
Des öfteren werden Bruthöhlen auch über recht viele Jahre hinweg mehrfach genutzt. Sperlingskäuze tätigen nur eine Jahresbrut
Die Mortalitätsrate innerhalb des ersten Lebensjahres liegt bei Sperlingskäuzen aufgrund von Prädation durch natürliche Feinde (andere Eulen, Sperber, Habicht), Unfällen (Straßen- und Zugverkehr) und Verhungern (strenge Winter) bei rund 75%. Dies wird auf lange Sicht durch die hohe Anzahl an gezeitigten Eiern wieder mehr als ausgeglichen. Zwar kann es zu Bestandsfluktuationen aufgrund von Jahren mit schlechten Mäusebeständen kommen, die für die Jungenaufzucht als Hauptbeute unabdingbar sind - jedoch werden diese in guten Mäusejahren wieder mehr als ausgeglichen.
Momentan scheint es so zu sein, dass sich die Brutareale von G. passerinum innerhalb Deutschlands ausbreiten.
Außerhalb der Brutzeit können Sperlingskäuze weit umherstreifen. Sie sind sowohl Stand- als auch Strichvögel, aber es sind auch Kurz- und Mittelstreckenzüge der nördlichsten Populationen in strengen Wintern bekannt. Es kommt sogar zu lockeren Wintergruppen, die dann sehr große Waldgebiete besetzen. Winterreviere einzelner Individuen betragen ca. 2,5km2. Die maximale Wiederansiedlungsentfernung zum Geburtsort beträgt im Normalfall ca. 45km (Männchen) bzw. ca. 80km (Weibchen).
Glaucidium passerinum kommt in zwei Unterarten in Europa und Asien vor:
- Glaucidium passerinum passerinum bewohnt die Skandinavischen Länder, Mittel- und Hochgebirge von Europa bis Sibirien, Sacchalin und Nordost-China;
- Glaucidium passerinum orientale lebt vom zentralen und östlichen Sibirien bis zur Mandschurei.
Während die Brutzahlen in den Hochgebirgslagen bei Erhalt der Lebensräume relativ gleichbleibend sind, scheint es seit einigen Jahren zu einer ansteigenden Neubesiedlung vorher nicht besiedelter Areale zu kommen. Natürlich kann davon ausgegangen werden, dass der Sperlingskauz vielerorts schlichtweg aufgrund seiner Heimlichkeit übersehen wurde, jedoch trifft dies nicht auf alle neu gemeldeten Brutvorkommen zu. Diese Entwicklung betrifft jedoch nicht alle Populationen, in Hochgebirgen bzw. auch in Skandinavien sind die Brutzahlen wegen lebensraumzerstörung z.T. doch rel. stark rückläufig.
Aufgrund der präferierten, schwer zugänglichen Brutgebiete des Sperlingskauzes muss man mit anstrengenden und zeitaufwendigen Suchaktionen rechnen, wenn man Mauserfedern oder gar Rupfungen dieser Art finden möchte. Natürlich darf man hier die Gesetzeslage hinsichtlich der Schutzgebiete und des Natur- und Artenschutzes nicht umgehen bzw. dagegen verstoßen!
Zwar wird der Sperlingskauz weltweit von der IUCN als "Least Concern = LC" (also als "Nicht bedroht") geführt, jedoch kommt es aufgrund der globalen Habitatzerstörung (Waldrodung) immer mehr zu lokalen Hochstufungen in den "Roten Listen".
Der Sperlingskauz wird von einigen Falknereien und in einigen Zoos, Tier- und Vogelparks gehalten - u.a. vom Alpenzoo Innsbruck/Östereich.
Die Gewölle des Sperlingskauzes sind 16-45mm lang (im Durchschnitt ca. 25-30mm), haben einen Durchmesser von 9-16mm (im Durchschnitt etwa 12-13mm) und besitzen stark zerbissene Beutetierknochen, Mäusehaare und meist Singvogelfedern (von Goldhähnchen, Laubsänger, Meisen, Drosseln - aber auch Pieper- und Spechtfedern sowie die Federn anderer Arten).
Ein sicheres Erkennungszeichen der Gewölle von Glaucidium-Arten sind die stark zerbissenen Knochen der Beutetiere.
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WA
Anhang II
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Verordnung (EG) Nr. 865/2006
Anhang A
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Bundesnaturschutzgesetz §44
streng geschützt