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Stieglitz
Carduelis carduelis
Art der Fringillidae


Abb.. 487 © Hans Rentsch

Abb.. 731 © Sivap
2. KJ
ad. Männchen
ad. Männchen

Der Stieglitz, auch Distelfink genannt, besitzt sehr charakteristische Hand- und Armschwingen. Diese sind schwarzgrau mit einer deutlich abgegrenzten weißgrauen Innenfahnenfläche. Die Außenfahne ist zwischen einem und zwei Dritteln stark abgegrenzt leuchtend gelb. Die Spitze der Außenfahne, auf den distalen Handschwinge auch die der Innenfahne, ist weiß. Auf H8 und H9 kann diese Spitze recht verwaschen sein und ist u.U. daher schwer zu erkennen.
Die Steuerfedern ähneln denen des Kernbeißers (Vergleich folgt), sind aber schmaler und etwas zierlicher. Die äußeren Steuerfedern besitzen ein weißes Fenster auf der S6. Auf den S4 und 5 kann je nach Individuum eine deutliche weiße Fläche oder ein kleiner Fleck vorhanden sein oder jegliches Weiß komplett fehlen. (Siehe Vergleich #129). Die inneren Steuerfedern (S1-3/4) besitzen eine weiße Spitze.
#129 zeigt auch, dass die Steuer nicht immer symmetrisch aufgebaut sein müssen.

Die Geschlechter lassen sich nur wage anhand des Federkleides unterscheiden. Männchen besitzen gelbliches unteres Bauchgefieder. Weibchen grüngelbliches. Die gelben Flächen auf den Außenfahnen der Handschwingen sind beim Männchen stärker ausgeprägt, das Deckgefieder ist satter schwarz. Am Todfund kann man erkennen, dass die rote Gesichtsmaske beim Männchen bis hinter das Auge reicht. Beim Weibchen dementsprechend weniger weit. Außerdem ist beim Weibchen das Rot der Kehle weniger stark ausgeprägt.

Feder Nummer längste
Handschwinge 10 pro Flügel 61.0 - 78.0mm n=36
H7 (67%) H6 (3%) H8 (31%)
Armschwinge 9 pro Flügel 45.5 - 55.5mm n=35
A1 (89%) A2 (11%)
Steuerfeder 12
49.0 - 66.5mm n=30
S6 (30%) S5 (63%) S4 (7%)
Anmerkungen zu Vermessungsdaten

Anzahl der Individuen n

Für die Statistik der längsten Federmaße verwenden wir nur die Daten von Vögeln, bei denen die größten Federn vorliegen. Eine abgebrochene, fehlende oder im Wachstum befindliche Feder, welche potentiell die längste sein könnte disqualifiert das Individuum für die Vermessung. Ebenso werden keine Hybriden in die Statistik eingerechnet. Vögel verschiedenen Alters (z.b. junge und adulte Spechte), Geschlechts (z.b. männlicher und weiblicher Sperber) und Unterarten werden jedoch gleichermaßen im Diagramm genutzt und können so zu einem sehr großem Variationsbereich führen. Je größer die Anzahl an vermessenen Individuen ist, desto genauer ist die Angabe des Variationsbereichs. Sehr kleine Datensätze von einem oder nur ein paar Vögeln führen nur zu näherungsweisen Ergebnissen

Vermessungsmethode

Die Federn werden digital über den Scan vermessen. Dabei wird eine ventrale Krümmung der Federn für die Vermessung geradegezogen, eine kaudale Krümmung jedoch nicht! Vermessen wird vom Anfang der Spule bis zur größten Ausdehnung der Feder. Dies muss nicht immer zwingend der Kiel sein, sondern können (z.b. bei Ammern Armschwingen) auch die Federstrahlen sein. Besondere Ausprägungen wie z.b. die Wachsplättchen beim Seidenschwanz werden in der Vermessung ausgelassen.

Prozentangaben

Die Prozentangaben der einzelnen Federn wie z.b. H5 besagen wie groß der Anteil unter den Individuen ist, bei denen diese Feder die längste ihrer Art ist. Diese Angabe sollte immer in Verbindung mit der Gesamtanzahl der vermessenen Vögel betrachtet werden. Eine Angabe von 100% bei fünf Individuen ist keine Garantie dafür, dass diese Feder wirklich immer die längste ist.

ad.
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Weibchen
juv.
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Beleggalerie

Länderzuweisungen

Sperlingsvögel

Merkmale

Der Stieglitz (Carduelis carduelis) - auch Distelfink genannt - ist 10,5 -13,5cm groß und wiegt, je nach Unterart 9,5 bis 30g, die schwerste Unterart ist Carduelis c. frigoris mit bis zu 30 g. Die Flügelspannweite beträgt 21 bis 25cm. Die Art weist einen schwach ausgebildeten Geschlechtsdimorphismus auf.
Die Gesichtsmaske ist beim Männchen größer und dunkler und reicht oft bis hinter dem Auge. Das Bauchgefieder ist gelblich gefärbt, die Flügelspiegel intensiver als beim Weibchen. Der Schnabel ist tendenziell spitzer und etwas länger. Als sicherstes Unterscheidungsmerkmal gilt jedoch die Gesichtsmaske, die auch im Feld gut erkennbar ist.
Das Weibchen weist eine helle und nur bis zur Hälfte des Auges reichende Gesichtsmaske auf. Das Bauchgefieder ist grünlich-gelb. Den Jungvögeln fehlt noch die auffällige Kopfzeichnung der adulten Tiere.
Bei beiden Geschlechtern ist das Gefieder im Bereich der Wangen und Ohren weiß, der Hinterkopf ist schwarz. Nacken und Rücken sind gräulich bis gelbbraun. Die Flügel sind schwarz und gelb gefärbt, die Flügelspitzen sind weiß. Das Steuer ist ebenso schwarz mit weißen Abzeichen.

Der Gesang des Stieglitzes wird eilig in Strophen vorgetragen, die in kurzen Intenvallen voneinander getrennt sind. Begonnen wird eine Strophe mit den artkennzeichnenden "Stieglitz-Rufen" gefolgt von kurzen Trillern und gedehnten, nasalen Elementen.
Die Art ist sehr rufffreudig, am häufgisten werden schnell aneinander gereihte Elemente z.B. "stigelit", "dudedelit" oder "didelü" vorgetragen. Bei Störung durch Prädatoren ertönt ein nasales "wäi", "dlüi" o.ä., das kürzer ist als bei anderen Finkenarten.

Habitat & Biologie

Der Stieglitz besiedelt halboffene, baumreiche Landschaften, wie z.B. Waldränder, Alleen, Feld- und Auengehölze. Die Art kommt außerdem häufig in anthropogen geprägten Landschaften wie Obstgärten, Streuobstwiesen, Parks und Friedhöfen vor. Dörfer sind meist flächenhaft besiedelt, Städte vor allem in der Randzone.
Für die Besiedlung sind einzeln stehende Bäume oder kleine Baumgruppen, sowie Samen tragende Pflanzen innerhalb eines geeigneten Habitates von großer Bedeutung. Carduelis carduelis kommt vom Tiefland bis in Höhen von etwa 1.600 m vor.

Die Art ernährt sich überwiegend von Sämereien verschiedener Kräuter, Stauden und Bäume. Von den 152 Wildkräutern, die der Stieglitz nutzt, bevorzugt er Acker-, Gänse- und Kratzdistel, weshalb der Vogel auch „Distelfink“ genannt wird. Es werden aber auch andere Kräuter häufig verzehrt wie Ampfer, Wegerich, Mädesüß, Sonnenblume, Beifuß, Kornblume etc.
Während der Brutzeit ernährt sich der Stieglitz auch von tierischer Kost, vor allem von kleinen Insekten wie Blattläusen.
Stieglitze sind durch spezielle Bewegungsarten an das Fressen von Samen angepasst. Die Vögel können beispielsweise kopfüber oder seitlich hängend, Nahrung aufnehmen oder mit dem Rücken nach unten an einer Nahrungsquelle hängen oder an dünnen Pflanzenstengeln empor klettern.

Die Geschlechtsreife erreicht der Stieglitz am Ende des ersten Lebensjahres. Die Vögel führen eine monogame Saisonehe. Die Brutzeit beginnt Anfang April und endet Anfang August, in der Regel gibt es zwei Jahresbruten. Die Unterart Carduelis c. caniceps, sucht zur Zweitbrut höhere Lagen auf.
Männchen und Weibchen prüfen gemeinsam mögliche Nistplätze, bevorzugt werden höher gelegene Standorte wie Baumkronen oder hohe Sträucher. Das Nest ist napfförmig und besteht aus feinen Halmen, Wurzeln, Moos, Flechten und anderen Pflanzenfasern. Während der Brutzeit wird das Weibchen vom Männchen gefüttert und bewacht, es verlässt das Nest nur zum Kot absetzen.
Das Gelege besteht aus meist aus 5 Eiern, die Brutzeit dauert 12 bis 14 Tage. Nach etwa 12 bis 14 Tagen sind die Jungvögel flügge, werden aber noch weiterhin von den Alttieren versorgt. Ab dem 28. bis 30. Tag sind die Jungvögel selbstständig.
Die Lebenserwartung beträgt bei wildlebenden Individuen etwa acht bis neun Jahre, der älteste in Gefangenschaft lebende Stieglitz wurde 17 Jahre alt.

Der Stieglitz ist je nach Verbreitungsgebiet Kurzstrecken-, Teilzieher oder Standvogel. In Mitteleuropa ist die Art Standvogel und streift lediglich in Trupps auf der Suche nach Nahrung umher. Populationen aus nördlicher gelegenen Regionen wie Nord- und Nordost-Europa sind hingegen Kurzstreckenzieher und überwintern vornehmlich in Westeuropa, aber auch in Deutschland.

Verbreitung

Carduelis carduelis kommt laut IUCN in folgenden Ländern vor: Ägypten; Afghanistan; Albanien; Algerien; Andorra; Armenien; Arabaische Emirate; Aserbaidschan; Belgien; Bosnien und Herzegowina; Bulgarien; China; Kroatien; Dänemark; Deutschland; Estland; Faröer Inseln; Finnland; Frankreich; Georgien; Griechenland; Großbritannien; Iran; Irak; Irland; Israel; Italien; Kasachstan; Kuwait; Kirgistan; Lettland; Libanon; Lyibien; Liechtenstein; Lithauen; Luxemburg; Mazedonien; Malta; Moldawien; Mongolei; Montenegro; Marokko; Nepal; Niederlande; Norwegen; Österreich; Poland; Portugal; Rumänien; Russland; Saudi Arabien; Serbien; Slowakei; Slowenien; Spanien; Schweden; Schweiz; Syrien; Tadschikistan; Tschechien; Tunisien; Türkei; Turkmenistan; Ukraine; Ungarn; Usbekistan, Weißrussland, Zypern.

Der Stieglitz wird in 12 Unterarten unterteilt:

  • Carduelis c. carduelis: Nominatform; West- und Mitteleuropa.
  • Carduelis c. parva: Azoren, Madeira, Kanarische Inseln und Westen der mediterranen Region.
  • Carduelis c. tschusii: Korsika, Sardinien und Sizilien.
  • Carduelis c. britannica: Britische Inseln, Kanalinseln und West-Niederlande.
  • Carduelis c. balcanica: Balkan (Südosteuropa) und Kreta.
  • Carduelis c. loudoni: Nord-Iran (Talysch-Gebirge bis Elburz-Gebirge.
  • Carduelis c. colchica: Krim Halbinsel bis Kaukasus und Nordost-Türkei.
  • Carduelis c. frigoris: Südwest-Sibirien (Ural-Gebirge bis zum Jenissei).
  • Carduelis c. niediecki: Rhodos, Karpathos (griech. Inseln), Zypern, Ägypten bis Kleinasien, Nord-Irak, Südwest-Iran.
  • Carduelis c. caniceps: West-Himalaya (Kaschmir bis Nepal und West-Tibet).
  • Carduelis c. paropanisi: Iran bis Nord-Afghanistan und West-China (Xinjiang).
  • Carduelis c. subulata: Süden von Zentral-Sibirien bis zum Baikalsee und Nordwest-Mongolei

Bestand Deutschland: Etwa 305.000 bis 520.000 Brutpaare

Bemerkungen

Der Stieglitz ist Vogel des Jahres 2016. Er steht stellvertretend für die abnehmende Artenvielfalt in Kulturlandschaften und Agrarräumen.
Seit 1994 sind in der Agrarlandschaft fast 90% aller Brachflächen, die essentiell für die Artenvielfalt sind, verloren gegangen. Im Siedlungsraum werden öffentliche Flächen zu intensiv gepflegt, Wildkräuter beseitigt. Der Bestand dieser Art hat aufgrund von Lebensraumentwertungen von 1990 bis 2013 um etwa 48% abgenommen.
Es werden Konzepte und Reformen benötigt um Brachflächen und wildkräuterreiche Straßen-, Wegränder und Flächen im öffentlichen Raum zu erhalten und zu schaffen. Auch private Gärtner und Grundstücksbesitzer können mit dem Verzicht von Pestiziden und mit dem Anlegen von Blühflächen dem Stieglitz und weiteren Arten helfen.

Die IUCN / Birdlife International stuft Carduelis carduelis als "LC = Least Concern" - also als "Nicht gefährdet" ein. Die Art hat ein sehr großes Verbreitungsgebiet und die Bestände sind stabil, sodass das Kriterium (>30% Rückgang der Bestände in zehn Jahren oder innerhalb von drei Generationen) zur Einstufung in eine höhere Gefährdungskategorie nicht erfüllt wird.

Schutzstatus

  • WA
    nicht gelistet
  • Verordnung (EG) Nr. 865/2006
    nicht gelistet
  • Bundesnaturschutzgesetz §44
    besonders geschützt